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Presse/Archiv 2005


Internationale Adventsgrüße

07.12.05 - 11.12.05 Der Kammerchor der Musikhochschule Weimar auf Rumänien-tournee, hier vor dem Regierungspalast in Bukarest.

Zum (Fast-) Abschluss eines ereignisreichen Konzertjahres 2005 unternahm der Kammerchor, ein vielfältiges Weihnachtsprogramm im Gepäck, vom 7. bis 11. Dezember eine Fahrt nach Rumänien. Auf dem Reiseplan standen Auftritte im Saal George Enescu der Universitatea Nationala de Muzica Bucuresti, in der Bukarester Kathedrale St. Iosif sowie im Constantin Baciu-Saal der Paul Constantinescu Philharmonie in Ploiesti.

Das Programm setzte sich aus drei Blöcken zusammen. Den Beginn machte weihnachtliche vier- bis achtstimmige Chormusik von Felix Mendelssohn-Bartholdy (z.B.: "Heilig" und "Mein Herz erhebet Gott, den Herrn"), bevor im zweiten Teil des Konzertes der Variationszyklus op. 3: "A Boy was Born" von Benjamin Britten zu Gehör gebracht wurde. Dieser zum Frühwerk Brittens zählende Zyklus wird im Allgemeinen, nicht zuletzt wegen des hohen Schwierigkeitsgrades, eher selten aufgeführt. Unter dem - wie gewohnt - präzisen und flexiblen Dirigat von Prof. Puschbeck stellte sich der Kammerchor mit seinem jugendlichen Eifer der Herausforderung und konnte sowohl das Publikum in der vollbesetzten Kathedrale als auch die Besucher der anderen Konzerte mit hoher Klangvariabilität, Durchsichtigkeit und Virtuosität beeindrucken. Der dritte und letzte Block des Programms gestaltete sich hauptsächlich heiter bis schwungvoll. Er bestand aus Weihnachtsliedsätzen verschiedener europäischer Länder, die alle in der Sprache des jeweiligen Herkunftslandes gesungen wurden. Für zungenbrecherische Artikulationshöchstleistungen und nicht enden wollenden frenetischen Beifall der Zuhörer (inklusive des anwesenden Komponisten) sorgten vor allem die beiden rumänischen Sätze "Sus la rasarit" sowie "S-a nascut Domnu' Sfântu'". Und schließlich gelang es sogar, mit einer rumänischen Version von "Stille Nacht, heilige Nacht" einige der Zuhörerinnen zu Tränen zu rühren...

Zwischen den Gesangsblöcken erklang jeweils ein Stück für Akkordeon. Claus Hutschenreuther spielte zunächst Präludium und Fuge f-Moll aus dem 2. Teil des Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach; später war ein zeitgenössisches Werk von Arne Nordheim zu hören. Besonders letzteres offenbarte dem Publikum ungeahnte Spiel- und Gestaltungsmöglichkeiten dieses Instruments und half sicher, das mit vielen Vorurteilen behaftete Instrument ein wenig aus dem Randgruppendasein in den Kreis der "richtigen" Instrumente zu rücken.

Alles in allem war es also ein sehr breitgefächertes Programm, mit dem der Chor in Rumänien gastierte. Waren die akustischen Gegebenheiten der Konzertsäle aufgrund üppiger Holzvertäfelungen und Teppichfußböden auch nicht immer optimal bzw. sängerfreundlich, so gelang es doch in jedem Fall schon nach wenigen Minuten, weihnachtliche Stimmung zu verbreiten und das Publikum so zu begeistern, dass es sich, statt das Ende des jeweiligen Blocks abzuwarten, nach jedem Stück mit reichlich Applaus bedankte.

Natürlich waren die fünf Tage nicht vollends durch die Konzerte ausgefüllt. Gleich am ersten Tag hatten die Organisatoren ein Treffen mit dem Chor der Bukarester Musikhochschule vorgesehen. Nachdem die deutschen Gäste eine Stunde Zeit hatten, ihre Probenmethodik anhand eines "typischen" Einsingens und anhand der Neueinstudierung von Teilen der Matthäus-Passion vorzustellen, durften sie beim Gastgeber hospitieren. Das Charakteristische und wahrscheinlich Interessanteste an der rumänischen Probe war die permanente Anwendung der Solmisationssilben (ob beim Einsingen, Blattsingen oder Proben), die Rumänen ab dem Kindergartenalter lernen und gebrauchen. Zwar ist diese Technik des Singens auch im deutschen Chor- und Musikbetrieb bekannt, ihr tatsächlicher Gebrauch stellt aber eine Ausnahme dar.

Während des Aufenthalts in Rumänien verlebte man selbstverständlich auch Stunden jenseits der Chormusik. Neben den individuellen Erholungsphasen unmittelbar vor den Auftritten bereicherten eine Stadtrundfahrt durch das von der Ceausescu-Zeit noch immer geprägte Bukarest, der Besuch eines Museumsdorfes, die Besichtigung eines Schlosses sowie eine Seilbahnfahrt zu den schneebedeckten Bergen der Karpaten die singfreie Zeit, so dass alle Mitwirkenden am Ende der Reise auf fünf durchaus sehr anstrengende, jedoch vor allem erlebnis- und bezüglich der Resonanz auf die Konzerte: erfolgreiche Tage zurückblicken konnten.

Dorothea Hultzsch, 12.12.2005





letzte Aktualisierung am: 29.12.2005 | Design&Umsetzung: reene | Haftung/Disclaimer