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Eine tadellos disziplinierte Aufführung
Berlioz-Tage: Oratorium „L‘Enfance du Christ“ –
„Die Kindheit Jesu“ im Saal des Musikgymnasiums
Das bedeutendste, innovativste Werk von Hector Berlioz ist es sicher nicht, dafür
scheint es dramaturgisch zu beliebig und musikalisch zu wenig charakteristisch zu sein. Es hat des Zeug
zu seinem populärsten Werk: „L‘Enfance du Christ“ – „Die Kindheit Jesu“,
zum 200. Geburtstag des Meisters von Kammerchor und Solisten der Musikhochschule Weimar, Solisten der
Kammeroper Ulm und der SAP Kammerphilharmonie unter Leitung von Reinhard Geilert in einer tadellos disziplinierten,
ein wenig zur Nivellierung der Gestaltung neigenden Aufführung im Konzertsaal Belvedere dargeboten.
Die Geschichte des bethlehemitischen Kindermordes und der Flucht nach Ägypten, dort die Suche nach
einem Quartier und die Rettung des Heilands, wie es heißt, „durch einen Ungläubigen“,
bilden die Grundlage des 90-minütigen Oratoriums. Doch ist es weniger der Bezug zum späteren
Religionsstifter, vielmehr ist es die von jedem nachvollziehbare bedrohte Idylle familiären Lebens bis zur
beruflichen Verbrüderung mit dem Wirt in der Ferne, die zur Anteilnahme aus rein menschlichem Empfinden zwingt.
Nur einige der Solisten waren bereits in der Lage, aus dem Vollen ihrer stimmlichen und gestalterischen Kraft zu
schöpfen, ihren Figuren künstlerisches Profil zu geben. Der Erzähler Ewald Bayerschmidt,
obwohl er dem ariosen als dem rezitativischen Gesang verschrieben, wäre da zu nennen, und die sauber
geführte, noch nicht die seelischen Schwingungen in Gänze ausstrahlende Stimme der Monika Vorndran
als Maria. Eine Freude war die Begegnung mit dem bei SAP in Walldorf angesiedelten, aus Musikern der Region
und Mitarbeitern des Werkes bestehenden Orchesters. Es könnte manch professionellem Ensemble in Tongebung,
Zusammenspiel und Intonation als Vorbild dienen. Von Kammerchor, einstudiert von Jürgen Puschbeck,
zu schwärmen, hieße eindeutig Eulen nach Athen tragen – nicht nur
durch seine Beteiligung war ein durchaus würdiger Beitrag zur Berlioz-Festwoche zu erleben.
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