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Die Kostprobe
Wie sich die Landesregierung mit
Cranach schmückt
Erst verwöhnte der Erfurter Domorganist die
Ohren, danach gab der Kammerchor der Weimarer Hochschule für
Musik eine Probe seines Könnens – und noch immer
wollten die Genüsse kein Ende nehmen. In bester Laune lud
Ministerpräsident Dieter Althaus die Gäste seines in
Berlin gegebenen Adventsempfangs nicht nur zu Schwarzbier und
Sekt, sondern auch zu einem besonders exquisiten Dessert. Zu
Lucas Cranach d.Ä.
Bereits in der letzten Woche hatte das Schlossmuseum Gotha drei
Gemälde und 20 Grafiken des Malermeisters nach Berlin
gesandt. In der dortigen Landesvertretung sollen die Kunstwerke
noch bis Montagabend zu sehen sein. „Eine tolle
Möglichkeit, Werbung für Thüringen als Kulturland
zu machen“, jubiliert Jo Dietzen, Sprecher der
Landesvertretung.
Dem wäre im Grunde nichts hinzuzufügen, wenn, ja wenn
das 23-gängige Menü nicht zugleich einen faden
Beigeschmack haben würde. Im Freistaat selbst haben es
sowohl die Museen als auch das von Dagmar Schipanski
geführte Kunstministerium versäumt, Lucas Cranach
als ein bundesweit wahrgenommenes Zugpferd einzuspannen.
Dabei besitzen die Thüringer Galerien und Kirchen eine
Vielzahl seiner berühmten Gemälde. Doch statt die
wichtigsten in einer Sonderausstellung zu Cranachs 450. Todestag
zu vereinen, verlegte man sich auf Ausflüchte.
Mal hieß es, dass nötige Kleingeld für Kunsttransport
und Versicherung würde fehlen. Auch die Empfindlichkeit
der auf Holz gemalten Gemälde durfte als Entschuldigung
herhalten.
Argumente auf wackeligen Füßen, wie die jetzig, wenn
auch bescheidene Präsentation in Berlin zeigt. So wurden die
Gothaer Gemälde in modernen Klimabehältern befördert.
Die Rechnung übernahm die Staatskanzlei.
Auch das Versicherungsproblem – es gibt um rund eine Million
Euro – löste man nach Auskunft der Landesvertretung
galant. Der Staat haftet. Und gut.
So einfach geht das. Wenn man wirklich will.
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