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Neuentdeckung bei Berlioz
Jenaer Erstaufführung der heiligen Trilogie in der Stadtkirche
Alte Meister, Bach aber auch Stücke aus neuerer Zeit neben Folkloristischem
prägen die musikalischen Sequenzen zur Advents- und Weihnachtszeit hierzulande, weniger die
Spätromantik. So sorgte die Jenaer Erstaufführung der heiligen
Trilogie „Die Kindheit des
Heilands“ von Hector Berlioz am 1. Advent in St. Michael für Aufsehen. Aus Anlass des 200.
Geburtstages des bedeutenden Franzosen hatte sich Prof. Reinhard Geilert (Musikhochschule
Weimar) dieses Werks angenommen. Ihm zur Seite standen Solisten der Hochschule und der
Kammeroper Ulm, der Kammerchor der Hochschule unter Prof. Puschbecks Leitung sowie die
SAP Kammerphilharmonie. Letztere ist eine Art Werkorchester der Software-Schmiede, wo
Amateure mit Unterstützung von Profis musizieren. Zum Werk selbst: Durch Zufall entstanden
ist es eine Mischung aus Oratorium und Sinfonik, wie die oft bei Berlioz. Eine eigentliche
Dramaturgie fehlt, um so schöner sind einige Stellen in ihrer spirituellen Entrücktheit.
Man spürt allenthalben den Zeitgeist, der durch Wagners Musikdramatik und die besondere
Rolle des Orchesters geprägt wurde. Allerdings hat der Hörer in der Stadtkirchenakustik
seine Probleme bei der Textverständlichkeit. Eine gedruckte Programmvorlage könnte Abhilfe
schaffen. Dennoch ahnten man die Stationen vom mörderischen Ansinnen Herodes, der Flucht
nach Ägypten und die beglückende Herbergsfindung. Ein großes Solistenaufgebot: Ewald
Bayerschmidt (Erzähler), Björn Adam (Zenturio), Michael Albet (Herodes), Daniel Wynarski
(Hausvater), Jens Bauer (Polydor) und Frederik Bergsma (Joseph) trugen stimmlich zum für
Berlioz so typischen Klangbild wie bei Monika Vorndran als Maria. Gerade mit dieser Partie
hat der dritte Teil seine musikalisch eigentlich dichtesten Wirkungen einschließlich
himmlischen Schlußchor. Einmal mehr war dabei der preisgekrönte Kammerchor der Weimarer
Hochschule unter Leitung von Jürgen Puschbeck zu bewundern.
Reinhard Geilert führte die Ensembles zu akzeptabler Geschlossenheit, was in der heterogenen
Zusammensetzung der Instrumentalisten nicht immer einfach scheint. Um aber einen endgültigen
Gesamteindruck zu gewinnen, würde man das Werk lieber in einem akustisch geschlossenen Raum
hören, wenngleich die Fernchöre auf der Orgelempore im Standortwechsel mit dem Altarraum für
zusätzliche Reize sorgen ganz im Sinne der Romantik bei Berlioz in ihrer Verspieltheit des
Ausdrucks.
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